Kreiszeitung -Neue Stader Wochenblatt vom 3. Juli 2021
Nach zehn Jahren gibt Peter Michael Reiß (76), Außenstellenleiter des WEISSEN RINGS im Landkreis Stade, sein Ehrenamt weiter. Nachfolger ist Andreas Woyth (62), der sich seit gut zwei Jahren in der Opferhilfe engagiert.
Der WEISSE RING ist ein gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten. "Wir sind quasi das Navigationssystem für Opfer und helfen gern weiter", sagt der ehemalige Außenstellenleiter. Bis zum Renteneintritt war Peter Michael Reiß Geschäftsführer bei einem großen Finanzdienstleister. "Danach wollte ich etwas tun, was nichts mit Profit zu tun hat", erzählt er.
Auf der Suche nach einer Aufgabe besuchte er u.a. die Messe "Stade aktuell" und kam dort am Stand des WEISSEN RINGS mit seiner Vorgängerin Dr. med. Ute Kehr ins Gespräch. Die Arbeit des Opferhilfevereins weckte Reiß' Interesse. Er wurde Mitglied, absolvierte zahlreiche Fortbildungen und löste Dr. med. Ute Kehr 2011 als Außenstellenleiter ab.
Als Schwerpunkte seiner Arbeit sah Peter Michael Reiß die Opferbetreuung und das Netzwerken. "Der WEISSE RING ist zwar ein bundesweit tätiger Verein, bei unserer Arbeit in den Kreisverbänden haben wir jedoch viel Freiraum", sagt Reiß. "Denn die Ehrenamtlichen kommen ja aus den verschiedensten Berufen und jeder kann seine Stärken ausspielen."
Als langjähriger Geschäftsmann fiel ihm das Netzwerken stets leicht. So sorgte er u.a. mit der Gründung der Initiative "Nordlichter" dafür, dass sich die Außenstellen des WEISSEN RINGS in Norddeutschland regelmäßig treffen und austauschen. "Heute zählen die ,Nordlichter' zwölf Mitglieder aus Niedersachsen sowie Bremen und Hamburg. Der gegenseitige Austausch hat uns schon viele Vorteile gebracht und Abläufe optimiert."
Als Angehöriger der "Generation analog", wie Peter Michael Reiß selbst scherzhaft sagt, ist ihm in den vergangenen Jahren bei seiner ehrenamtlichen Arbeit aufgefallen, dass die Zusammenarbeit mit den Kriminalitätsopfern immer digitaler geworden ist. "Zu Beginn meiner Tätigkeit wurden fast alle Opfer zuhause besucht und über ihre Möglichkeiten informiert", sagt er. "Inzwischen ist das jedoch gar nicht mehr gefragt. Die meisten Leute wollen lieber telefonieren und Informationen dann auf das Handy geschickt bekommen." Das bedeute jedoch nicht, dass die Gespräche weniger intensiv seien. Nur die Art der Kommunikation habe sich halt geändert.
Auch die Art der Gewalt, die die Opfer erfahren, habe sich verschoben. Früher sei häusliche Gewalt ein großes Thema gewesen, heute seien Stalking und Mobbing in den modernen Medien in den Vordergrund gerückt. Der WEISSE RING hat deshalb u.a. eine App entwickelt, mit der Opfer Belästigungen wie Verfolgung, Anrufe oder Textnachrichten in einer gesicherten Cloud dokumentieren können. "Das ist auch für Polizei und Gerichte bei späteren Strafverfahren hilfreich", sagt Andreas Woyth, der bis zu seiner Pensionierung Anfang 2020 selbst im Polizeidienst war. Wie Peter Michael Reiß hatte auch er sich am Ende seines Arbeitslebens gefragt, welche neuen Aufgaben auf ihn warten könnten. Als erfahrener Ju-Jutsu-Trainer liegt ihm die Gewaltprävention seit vielen Jahren am Herzen. "Da gibt es vom Kind bis zum Senior viele spannende Möglichkeiten der Präventionsarbeit, bei der ich mich gern vernetzen möchte." Er hat in seiner Opferhilfearbeit festgestellt, dass es oft schon die einfachsten Ratschläge sind, die weiterhelfen. "Kriminalitätsopfer sind oft völlig aus der Bahn geworfen", sagt er. "Da sind es häufig schon kleine Dinge, die große Dankbarkeit hervorrufen." Begeistert sind sowohl Woyth als auch sein Vorgänger von der enormen Unterstützung des Bundesverbands in Mainz. "Die sind immer für uns da und helfen uns ganz unbürokratisch weiter - ob es um das Zusenden neuer Flyer geht oder um eine neue SIM-Karte für das Diensthandy."
Andreas Woyth ist telefonisch und per WhatsApp unter 0151-55164710 zu erreichen. Gern dürfen sich auch Personen bei ihm melden, die an einer ehrenamtlichen Mitarbeit beim WEISSEN RING interessiert sind.